Patente auf Gene von Pflanzen bedeuten ‚Lock Down‘ für konventionelle Züchtung

Neuer Bericht zeigt, warum traditionelle Züchtung bald unmöglich werden könnte

29. Juni 2022 / Ein aktuell vom Europäischen Patentamt (EPA) erteiltes Patent zeigt: Das Patentamt lässt auch zufällige genetische Variationen, wie sie beispielsweise durch Sonnenlichtstrahlung ausgelöst werden, mittlerweile als technische Erfindungen gelten. Das Patent EP3560330 der Firma KWS betrifft Mais mit einer verbesserten Verdaulichkeit. Beansprucht werden die Pflanzen mit zufällig veränderten Genen und deren Ernte. Das erteilte Patent umfasst auch die Verwendung von natürlicherweise vorkommenden Genvarianten für die konventionelle Züchtung.

sdfEs handelt sich um einen Präzedenzfall: Es ist das erste Patent, für dessen Erteilung eine neue  Regelung angewandt wurde, die Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere verhindern soll. Trotz dieser neuen Regel 28(2) ist das erteilte Patent nicht auf den Bereich der Gentechnik begrenzt, sondern betrifft auch die konventionelle Züchtung.

„Durch die zunehmende rechtliche Unsicherheit über die Patentierung von Pflanzen und deren Genen entsteht eine ernsthafte Gefahr für die konventionelle Züchtung. Diese Patente können den Zugang zur biologischen Vielfalt blockieren, die von allen ZüchterInnen benötigt wird“, sagt Dagmar Urban von ARCHE NOAH. „Die derzeitige Praxis des EPA steht im Gegensatz zu den politischen Zielen der europäischen Regierungen, die die Regel beschlossen haben.”

Heute veröffentlicht „Keine Patente auf Saatgut!“ einen neuen Bericht und übergibt ihn offiziell dem EPA. Der Bericht gibt einen Überblick über jüngst beantragte und vom EPA erteilte Patente auf Pflanzen sowie über die aktuelle rechtliche Situation. Wie der Bericht zeigt, sind politische Entscheidungen notwendig, um die Freiheit der traditionellen ZüchterInnen zu bewahren. Diese ist eine Voraussetzung dafür, dass neue Pflanzensorten auf den Markt gelangen, die beispielsweise eine Anpassung an den Klimawandel ermöglichen. Der Bericht führt auch Beispiele an wie Patentanträge von Syngenta /ChemChina, in denen tausende von Genvarianten beansprucht werden, die benötigt werden um die Nahrungsmittelpflanzen resistenter gegen Krankheiten zu machen.

„Wir fordern, dass die Vertragsstaaten des EPA zu einer internationalen Konferenz zusammenkommen, um zu entscheiden, wie die bestehenden Verbote im Patentrecht auszulegen sind”, sagt Verena Schmitt vom Umweltinstitut München. „Unser Bündnis hat bereits mehr als 200.000 Unterschriften gesammelt, jetzt wenden wir uns an die europäischen Regierungen und an den Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann. Wenn die notwendigen politischen Entscheidungen nicht getroffen werden, ist das das Ende der Pflanzenzucht, so wie wir sie kennen.”

Der Bericht gibt einen Einblick in ein wachsendes Dickicht von Patenten, das für die meisten ZüchterInnen zu einem undurchdringlichen Hindernis wird. So werden genetische Anlagen, die eine Resistenz gegen ein neues Virus bei Tomaten betreffen, von einem halben Dutzend Konzernen wie Bayer und BASF gleichzeitig beansprucht.

„Das Ergebnis ist eine Überpatentierung, die den Zugang zu dem biologischen Material blockiert, das benötigt wird, um die erwünschten Tomatensorten zu züchten. Bisher konnten im Rahmen des Sortenschutzes alle konventionell gezüchteten Sorten frei genutzt werden, um neue und noch bessere Sorten auf den Markt zu bringen. Wenn die europäischen Regierungen jetzt nicht aktiv werden, wird diese Freiheit der ZüchterInnen in einem Patent-Dschungel erstickt“, warnt Johanna Eckhardt von Keine Patente auf Saatgut!.

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Weitere Informationen

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Fotos: Lukas Barth

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