Im Januar 2019 hatten über 50 Organisationen einen Appell (siehe unten) an den neu gewählten Präsidenten des Europäischen Patentamtes (EPA), António Campinos, unterzeichnet. Im März hat der Präsident zwei Fragen betreffend Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung an die Große Beschwerdekammer des EPA gerichtet. Zu diesen Fragen konnten bis Oktober 2019 Stellungnahmen eingereicht werden (mehr dazu hier).
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Stopp der Patentierung von herkömmlich gezüchteten Pflanzen und Tieren!
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation hat 2017 festgelegt, dass Pflanzen und Tiere, die aus „im Wesentlichen biologischen Verfahren“ stammen, nicht patentiert werden dürfen. In der Folge wurde die Ausführungsordnung des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) durch eine neue Regel 28 (2) ergänzt, die besagt: „Nach Artikel 53 b) werden europäische Patente nicht erteilt für ausschließlich durch ein im Wesentlichen biologisches Verfahren gewonnene Pflanzen und Tiere.“
Im Dezember 2018 kam die Beschwerdekammer des EPA nach Prüfung eines Patentes des Syngenta-Konzerns (EP2753168) aber zu der Ansicht, dass die Regel 28 (2) im Widerspruch zu Artikel 53(b) EPÜ stehen würde und deswegen nicht mehr angewendet werden sollte. Auf Grundlage dieser Rechtsauffassung könnte das EPA jetzt weiter Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung erteilen, obwohl bei allen Vertragsstaaten und der EU große Einigkeit darüber besteht, dass derartige Patente nach Artikel 53(b) nicht zulässig sind. Diese Entwicklung führt zu erheblichen rechtlichen Unklarheiten, die dem europäischen Patentrecht und der Funktionsweise des europäischen Sortenschutzes erheblich schaden können und die europäische Pflanzenzüchtung, die zukünftige Ernährungssicherheit und die agrarische Vielfalt gefährden.
Um Schaden von der Allgemeinheit abzuwenden, fordern wir Sie auf,
• bis auf weiteres alle Entscheidungen über Patentverfahren auszusetzen, die herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere betreffen. Dabei sind auch die Fälle zu berücksichtigen, die auf Verfahren der sogenannten Zufallsmutagenese beruhen. Auch hier sind aktuelle Verfahren unter Regel 28 (2) anhängig.
• in Absprache mit der EU und den Vertragsstaaten des EPA einen Prozess einzuleiten, der ausreichende Rechtssicherheit darüber schafft, dass herkömmliche, konventionelle Züchtung in ihrer Gesamtheit von Patentansprüchen frei bleibt. Auch in Zukunft müssen Züchter freien Zugang zu den bereits gezüchteten Sorten haben, um neue Sorten zu züchten und frei zu vermarkten. Im Rahmen dieses Prozesses muss auch klargestellt werden, dass bei Patenten, die im Bereich Gentechnik erteilt werden, die Reichweite jeweils klar auf die spezifischen technischen Verfahren begrenzt wird.
Sehr geehrter Herr Präsident, beachten Sie bei Ihrer Entscheidung, dass das EPA nicht nur den Interessen der Patentanwälte und Patentinhaber dient, sondern auch den Bedürfnissen, Rechten und Interessen der Öffentlichkeit, einschließlich Züchtung, Landwirtschaft, Lebensmittelherstellung und VerbraucherInnen. Andernfalls wird die Balance zwischen dem Patentsystem und den Interessen der Gesellschaft empfindlich gestört und das Patentsystem verliert seine Rechtfertigung.
Die Pressemeldung vom 24.01.2019
Der Aufruf an den Präsidenten als pdf download.
Aktuelle Medienberichte finden Sie hier.
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Unterzeichnende Organisationen:
- Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)
- Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Gliedkirchen der evangelischen Kirche in Deutschland (AGU)
- ARCHE NOAH - Gesellschaft zur Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt und ihre Entwicklung
- Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH)
- Bäuerliche Gesellschaft Demeter im Norden
- Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW)
- Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN)
- Bingenheimer Saatgut
- Bioland
- Bundesstelle Katholische Landvolkbewegung (KLB)
- BUND Naturschutz in Bayern e.V.
- Bund für Umwelt und Naturschutz
- Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V.
- Brot für die Welt
- Cultivari Getreidezüchtung Darzau
- Die freien Bäcker
- Evangelischer Dienst auf dem Land (EDL)
- EQUIVITA Scientific Committee
- FIAN
- Forschung und Züchtung in der Landbauschule Dottenfelder Hof
- Frøsamlerne
- GAIA - Environmental Action and Intervention Group
- Gäa e.V.- Vereinigung ökologischer Landbau
- Getreidezüchtung Peter Kunz, Verein für Kulturpflanzenentwicklung
- Gen-ethisches Netzwerk
- GLOBAL 2000
- Gesellschaft für ökologische Forschung
- IG Nachbau – Gegen Nachbau-Gebühren
- IG Saatgut
- Katholische Landvolk Bewegung Freiburg
- Kein Patent auf Leben!
- Keine Patente auf Saatgut!
- Kultursaat e.V.
- Navdanya International
- Netzwerk Solidarische Landwirtschaft
- Nyéléni.de - Bewegung für Ernährungssouveränität
- Palombar - Associação de Conservação da Natureza e do Património Rural
- Plataforma Transgénicos Fora
- ProSpecieRara
- Public Eye
- Saat:gut e.V.
- SaatGut Keyserlingk-Institut
- Sativa
- Save our Seeds!
- Slow Food Deutschland
- Slow Food Sjælland
- SWISSAID
- Umweltinstitut München
- Verband Katholisches Landvolk (VKL)
- Weltfriedensdienst
- WeMove Europe
- Zivilcourage Miesbach
- Zukunftsstiftung Landwirtschaft