2. Oktober 2018 / Das Europäische Patentamt (EPA) in München hat heute nach einer öffentlichen Anhörung das Patent EP 2384110 der Brauereikonzerne Carlsberg und Heineken auf Pflanzen mit bestimmten Mutationen eingeschränkt. Das Patent erstreckte sich auf Gerste aus konventioneller Züchtung und deren Verwendung durch die Brauereien sowie das damit produzierte Bier. Das Patent umfasste ursprünglich alle Pflanzen, in denen bestimmte unerwünschte Geschmacksstoffe fehlen. Jetzt ist das Patent auf die Pflanzen beschränkt, die eine bestimmte Mutation aufweisen, die die Bildung dieser Stoffe beeinflussen kann. Diese genetische Veranlagung gilt als Erfindung, obwohl sie zufällig entstanden ist und die Pflanzen aus herkömmlicher, konventioneller Züchtung stammen. „Keine Patente auf Saatgut!“ will Beschwerde gegen diese Entscheidung einlegen und fordert die Politik zum Handeln auf.
„Für uns ist diese Entscheidung nur ein Teilerfolg. Trotz aller Verbote erteilt das EPA weiterhin Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen. 2018 wurden bereits Petersilie, Chicoree, Melonen, Tomaten und Salat patentiert“, sagt Christoph Then für „Keine Patente auf Saatgut!“ „Insbesondere Bundesjustizministerin Barley muss jetzt aktiv werden, um die bestehenden Schlupflöcher zu schließen.“
Bereits im Juni hatte „Keine Patente auf Saatgut!“ zusammen mit rund 40 weiteren Organisationen an die Ministerin appelliert, gegen die zunehmende Monopolisierung aktiv zu werden. Zudem hat die Organisation Campact bereits rund 200.000 Unterschriften gesammelt, mit denen die Ministerin ebenfalls zum Handeln aufgefordert wird.
Das Patent von Carlsberg und Heineken beruhte auf zufälligen Mutationen im Erbgut der Gerste. Deren Ernte soll sich deswegen besonders gut für das Bierbrauen eignen. Das Patent umfasste die Gersten-Pflanzen, deren Ernte, den Prozess des Bierbrauens, Produkte wie Malz und Würze sowie jegliche auf diese Weise produzierte Getränke. Nach Ansicht von „Keine Patente auf Saatgut!“ ist das Patent ein Missbrauch des Patentrechtes, dem keinerlei Erfindung zugrunde liegt. Zudem verbietet das europäische Patentrecht Patente auf Pflanzensorten sowie auf konventionelle Züchtung. Auch nach den aktuellen internen Prüfrichtlinien des EPA sind Patente auf gentechnisch veränderte Pflanzen erlaubt, „nicht aber auf die Ergebnisse aus konventioneller Züchtung.“
Am 8. Oktober wird eine Anhörung gegen ein weiteres, sehr ähnliches Patent (EP 2373154) der Bierkonzerne stattfinden. Ein drittes Patent (EP 2575433) wurde ebenfalls eingesprochen, es gibt aber noch keinen Verhandlungstermin.
An den Einsprüchen gegen die Patente von Carlsberg und Heineken haben sich folgende Organisationen beteiligt: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (AGU), Arche Noah Österreich, Bioland, ARGE Schöpfungsverantwortung Österreich, Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, Bündnis gentechnikfreie Landwirtschaft, der BUND Naturschutz Bayern (BN), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) Campact, Copenhagen Food co-operative Dänemark, Die Freien Bäcker, Evangelischer Dienst auf dem Land in der EKD (EDL), Erzeugergemeinschaft für ökologische Braurohstoffe (EZÖB), Erzeugergemeinschaft Bördeland und Diemetal, FIAN, GAIA Portugal, Gäa e. V. – Vereinigung ökologischer Landbau, Gen-ethisches Netzwerk (GeN), HORIZONT3000 Österreich, IG Milch Österreich, IG Nachbau, Katholische Landvolkbewegung (KLB), Kein Patent auf Leben!, No Patents on Seeds!, NOAH – Friends of the Earth Denmark, Plataforma transgénicos fora Portugal, Pro Regenwald, ProSpecieRara Schweiz, Sambucus, Save Our Seeds!, Slow Food Deutschland, Swissaid, Umweltinstitut München, Verband Katholisches Landvolk (VKL), Welthaus Diözese Graz-Seckau Österreich, WeMove.EU, Zivilcourage Rosenheim und Miesbach sowie die Zukunftsstiftung Landwirtschaft.
Kontakte:
- Christoph Then, Sprecher für „Keine Patente auf Saatgut!“, Tel +49 (0) 151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org
- Johanna Eckhardt, Projektkoordination für „Keine Patente auf Saatgut!“, Tel + 43 (0) 680 2126343, johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org
- Ruth Tippe, Keine Patente auf Leben, Tel.+49 (0) 173 154 3409, rtippe@keinpatent.de
- Martha Mertens, BUND Naturschutz in Bayern e.V., Tel. +49 (0) 176 62 92 7503, martha.mertens@bund.net
- Georg Janßen, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Tel.: + 49 (0) 170 4964684, janssen@abl-ev.de
Weitere Informationen:
https://www.no-patents-on-seeds.org/de/patentfaelle/bier
Die Einsprüche:
Einspruch EP 2 373 154 Getränke aus Gerste und Malz mit niedrigem Gehalt an Dimethylsulfid
Die Patente von Carlsberg und Heineken:
EP 2 384 110 Gerste mit reduzierter LipoxygenaseAktivität und ein damit hergestelltes Getränk
EP 2 373 154 Getränke aus Gerste und Malz mit niedrigem Gehalt an Dimethylsulfid
EP 2 575 433 Energiesparendes Brauverfahren
Bilder zur Aktion rund um die Bierpatente am 2.10.2018 bei der Hackerbrücke in München: hohe Auflösung und niedrige Auflösung