6. November 2025 / Heute entschied das Europäische Patentamt (EPA) über ein Patent (EP3560330) des deutschen Unternehmens KWS. Dabei wendete das EPA eine neue Regel an, die Patente auf Pflanzen aus klassischer Züchtung verhindern soll. Doch dabei wurden nur kleine, eher formale Änderungen vorgenommen. Auch nach der Entscheidung erstreckt sich das Patent weiterhin auf Maispflanzen, die mit Hilfe einer Selektion auf natürlich vorkommende Genvarianten selektiert werden. Keine Patente auf Saatgut! fordert, dass die EU aktiv wird, um klarzustellen, dass nach europäischem Patentrecht nur gentechnische Verfahren patentierbar sind und um die derzeitige Praxis des EPA zu beenden.
Es ist unethisch, Schlupflöcher im Patentrecht zur Aneignung natürlicher Ressourcen zu benutzen. Solche Patente behindern oder blockieren die unabhängige Züchtung und stellen eine große Gefahr für unsere eigenen Züchtungsaktivitäten dar. Unser Saatgut wird seit vielen Jahren in der europäischen Landwirtschaft eingesetzt. Bei einigen wichtigen Eigenschaften sind wir sogar Marktführer. Trotzdem könnte unser Saatgut in naher Zukunft nicht mehr verfügbar sein“, sagt Grietje Raaphorst-Travaille von der niederländischen Firma Nordic Maize Breeding. „Wir fordern, dass traditionelle Züchter*innen die Pflanzen für die weitere Züchtung frei nutzen können, so wie es vom europäischen Gesetzgeber vorgesehen ist und von vielen Züchter*innen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Mitgliedern des EU-Parlaments gefordert wird.“
Das Maispatent wurde im Juni 2022 vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilt und beansprucht Mais mit verbesserter Verdaulichkeit, der in erster Linie in der Tierfutterproduktion verwendet werden soll. Die Pflanzen stammen aus klassischen Züchtungsmethoden wie der Selektion natürlich vorkommender Genvarianten. Das Patent beanspruchte Pflanzen, die aus diesen Verfahren gewonnen wurden, sowie deren Anbau und Ernte und das daraus hergestellte Futtermittel. Das EPA wird die schriftliche Entscheidung in den nächsten Wochen veröffentlichen. Keine Patente auf Saatgut! plant Beschwerde gegen die Entscheidung einzubringen.
In seiner Entscheidung wendete das EPA die neue Regel 28 (2) an, die Pflanzen aus konventioneller Züchtung ausschließen soll. Die Entscheidung änderte jedoch nichts am Umfang des Patents: Die Verwendung natürlich vorkommender Genvarianten und Pflanzen, die diese natürlicherweise in ihrem Erbgut tragen, gelten weiterhin als patentierte Erfindung, ebenso wie Pflanzen, die aus zufälliger Mutagenese gewonnen wurden.
Patente auf Pflanzen und Saatgut verursachen bekanntermaßen oft erhebliche Kosten, beispielsweise für Patentanwält*innen, genetische Analysen und Lizenzen. In diesem Fall gibt es besonders große Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Umfangs und Inhalts des Patents: Die KWS hat 2022 ein weiteres Patent angemeldet, das Mais mit dem gleichen Merkmal, allerdings mit anderen Genvarianten, beansprucht. Das zweite Patent wurde beantragt, weil die Informationen aus dem ersten Patent unzureichend erscheinen, um das gewünschte Merkmal auf stabile Weise zu züchten. Dies führt zu großer Verwirrung hinsichtlich der auf dem Markt befindlichen Pflanzen und der rechtlichen Ansprüche, die durch das jetzt angegriffene Patent geltend gemacht werden können.
Keine Patente auf Saatgut! hat kürzlich einen Bericht veröffentlicht, in dem ein neuer Vorschlag zur Lösung des Problems vorgeschlagen wird, der geringfügige Klarstellungen zur Auslegung des geltenden Rechts erfordert. Dieser Vorschlag wird auch von anderen Expert*innen unterstützt. Die internationale Koalition hofft, dass dieser Vorschlag von der EU in ihren laufenden Verhandlungen über Pflanzen, die aus neuen Gentechniken (NGT) gewonnen wurden, aufgegriffen wird. Auch im Zusammenhang mit NGT-Pflanzen sind Patente auf natürlich vorkommende Genvarianten und deren Verwendung in der Züchtung ein Anlass zu großer Sorge.
„Werden Patente auf konventionelle Züchtung und natürliche Genvarianten nicht gestoppt, werden viele Züchtungsunternehmen durch hohe Kosten und rechtliche Unsicherheiten blockiert. Dies hätte nicht nur erhebliche Folgen für die Pflanzenzüchtung, sondern auch für die Landwirtschaft, die Lebensmittelproduktion und die Verbraucher*innen. Sie alle würden von den Entscheidungen der großen Unternehmen abhängig gemacht, die die meisten Patente anmelden“, warnt Johanna Eckhardt von Keine Patente auf Saatgut!. „Wir fordern die EU auf, diese Patente jetzt zu stoppen und die Zukunft unserer Lebensmittel zu schützen.“
- Weitere Informationen zum Maispatent: https://www.no-patents-on-seeds.org/de/mais
- Hier können Sie sich die Online-Infoveranstaltung vom 4.11.25 ansehen (Englisch): https://www.no-patents-on-seeds.org/en/maize-info
- Fotos einer Demonstration gegen das Patent von KWS im Dezember 2022: https://www.no-patents-on-seeds.org/de/aktivitaeten/kws
- Der aktuelle Bericht von Keine Patente auf Saatgut!: https://www.no-patents-on-seeds.org/de/bericht-2025
Kontakt
- Grietje Raaphorst-Travaille, Nordic Maize Breeding, G.J.RaaphorstTravaille@protonmail.com, +31 6 17 34 59 47
- Johanna Eckhardt, Projektkoordination für Keine Patente auf Saatgut!, johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org, +43 680 2126343
- Christoph Then, Sprecher für Keine Patente auf Saatgut!, info@no-patents-on-seeds.org, +49 151 54638040
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Foto: Demonstration gegen KWS-Patente im Dezember 2022 (Falk Heller / Argum; Skulpturen: Freia Hellenkamp)















