Die Firma Kleinwanzlebener Saatzucht (KWS) und die Universität Zürich beanspruchen rund 80 Pflanzenarten, die gegen eine Pilzkrankheit (Northern corn leaf blight), die u.a. beim Mais auftritt, resistent sein sollen (WO2019038339, EP3447135).
Worin besteht die angebliche ‚Erfindung‘? KWS brachte Pflanzen verschiedenen Ursprungs mit dem Krankheitserreger in Kontakt. Diejenigen Pflanzen, die eine Resistenz zeigten, wurden genauer untersucht. Dabei wurden DNA-Sequenzen identifiziert, die natürlicherweise am Aufbau der Zellmembranen beteiligt sind und auch bei der Abwehr der Pilze eine Rolle spielen.
Zusätzlich wurde eine Zufallsmutagenese mit üblichen Verfahren durchgeführt (Pollen wurden in Kontakt mit Chemikalien gebracht) und Pflanzen, die eine erwünschte DNA-Sequenz aufweisen, ausgewählt. Darüber hinaus beschränkt sich die Patentanmeldung nicht auf die Zufallsmutagenese, sondern wird auf alle denkbaren Verfahren ausgedehnt, darunter auch die Methoden der neuen Gentechnik. Patentanspruch 13 umfasst gleichermaßen „conventional plant breeding“ als auch „molecular biology, comprising genome editing, or a combination thereof”.
Basierend auf diesem Konzept beansprucht das Unternehmen nicht nur die Anwendung der Methode, sondern auch alle daraus hervorgehenden Pflanzen (und deren Nachkommen) von rund 80 Pflanzenarten. Aufgelistet werden Arten wie Gerste, Sorghum, Mais, Reis, Rüben, Raps, Eukalyptus und Zwiebeln.
Patentanspruch 9 umfasst:
„[…] Hordeum vulgare, Hordeum bulbusom, Sorghum bicolor, Saccharum officinarium, Zea spp., including Zea mays, Setaria italica, Oryza minuta, Oryza saliva, Oryza australiensis, Oryza alta, Triticum aestivum, Triticum durum, Secale cereale, Triticale, Malus domestica, Brachypodium distachyon, Hordeum marinum, Aegilops tauschii, Daucus glochidiatus, Beta spp., including Beta vulgaris, Daucus pusillus, Daucus muricatus, Daucus carota, Eucalyptus grandis, Nicotiana sylvestris, Nicotiana tomentosiformis, Nicotiana tabacum, Nicotiana benthamiana, Solanum lycopersicum, Solanum tuberosum, Coffea canephora, Vitis vinifera, Erythrante guttata, Genlisea aurea, Cucumis sativus, Marus notabilis, Arabidopsis arenosa, Arabidopsis lyrata, Arabidopsis thaliana, Crucihimalaya himalaica, Crucihimalaya wallichii, Cardamine nexuosa, Lepidium virginicum, Capsella bursa pastoris, Olmarabidopsis pumila, Arabis hirsute, Brassica napus, Brassica oleracea, Brassica rapa, Raphanus sativus, Brassica juncacea, Brassica nigra, Eruca vesicaria subsp. sativa, Citrus sinensis, Jatropha curcas, Populus trichocarpa, Medicago truncatula, Cicer yamashitae, Cicer bijugum, Cicer arietinum, Cicer reticulatum, Cicer judaicum, Cajanus cajanifolius, Cajanus scarabaeoides, Phaseolus vulgaris, Glycine max, Gossypium sp., Astragalus sinicus, Lotus japonicas, Torenia fournieri, Allium cepa, Allium fistulosum, Allium sativum, Helianthus annuus, Helianthus tuberosus and Allium tuberosum [...]“.
Dieses Beispiel zeigt, wie systematisch manche Firmen ihre Patentanträge mit ‚technischem Beiwerk‘ schmücken, um zu verbergen, dass es in ihrem Patentantrag gar keine wirkliche Erfindung gibt. Tatsächlich werden hier Standardmethoden der konventionellen Züchtung beschrieben, bei denen Pflanzen mit bestimmten Krankheitserregern in Kontakt gebracht und ausgewählt werden, um dann mit Kreuzung und Selektion weiter zu züchten. Basierend auf diesen trivialen Verfahren beansprucht die KWS ein extrem umfangreiches Spektrum an Pflanzenarten.
Obwohl KWS befürchtet, dass Patente auf konventionelle Züchtung erhebliche Nachteile für die Innovation in der Pflanzenzüchtung haben können (siehe hier), versucht das Unternehmen die 2017 vom Verwaltungsrat eingeführten rechtlichen Schlupflöcher zu nutzen, nach denen auch zufällige Mutationen als patentierbare Erfindung gelten sollen. Dabei verwischt das Unternehmen systematisch die grundlegenden Unterschiede zwischen Gentechnik und konventioneller Züchtung.
(Textauszug aus unserem Bericht 2020)