16. Januar 2018
Wie ein neuer Bericht zeigt, der heute von Keine Patente auf Saatgut! veröffentlicht wurde, erteilt das Europäische Patentamt (EPA) weiterhin Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen – obwohl die Vertragsstaaten 2017 versucht hatten, die entsprechenden Verbote zu verschärfen. Rund 25 Patente wurden letztes Jahr vergeben, obwohl das EPA offiziell keine weiteren Patente in diesem Bereich erteilen wollte. Die Patente umfassen Pflanzen wie Salat, Zwiebeln, Tomaten, Kartoffeln, Gurken, Trauben, Sonnenblumen, Sorghum und Soja. In Reaktion nimmt der Widerstand an der Praxis des EPA weiter zu. So wurde zum ersten Mal ein gemeinsamer Brief von COPA/ COGECA, Organisationen des ökologischen Landbaus und Keine Patente auf Saatgut! an die EU-Kommission verschickt. COPA/ COGECA ist der Dachverband der Bauernverbände in der EU, der auch viele Züchter vertritt.
Währenddessen versuchen die Saatgut-Konzerne ihr Geschäftsfeld sogar noch auszuweiten: Syngenta will, dass bestehende Beschränkungen im Patentrecht abgeschafft werden. Deswegen hat der Konzern im August 2017 eine Beschwerde am EPA eingereicht, die morgen in einer öffentlichen Anhörung am Europäischen Patentamt verhandelt wird.
Die bestehenden Gesetze verbieten Patente auf Verfahren zur konventionellen (nicht technischen) Züchtung sowie auf die daraus resultierenden Pflanzen und Tiere. Doch das EPA legt diese Regeln so aus, dass sie fast wirkungslos sind. Nach dem Wortlaut der neuen Regeln, die 2017 beschlossen wurden, sind alle Pflanzen und Tiere patentierbar, bei denen genetische Veranlagungen und zufällige Mutationen identifiziert werden, die für die Züchtung wichtig sind.
Zudem gibt es auch keine klare Trennung zwischen den nicht patentierbaren Zuchtverfahren und den Methoden der Gentechnik. Wenn Pflanzen oder Tiere mit bestimmten Züchtungsmerkmalen patentiert werden, dann erstreckt sich das Patent auf alle Pflanzen und Tiere mit diesen Merkmalen unabhängig davon, ob diese mit Hilfe von Gentechnik verändert wurden, aus konventioneller Züchtung stammen oder natürlicherweise vorkommen.
Im gemeinsamen Brief der Verbände an die EU-Kommission heißt es dazu: „Es ist jetzt klar, dass das EPA zusammen mit Gruppen von einflussreichen Experten nach Wegen suchen wird, weiterhin Patente auf Pflanzen und Tiere zu erteilen, die sich auch auf natürlicherweise vorkommende genetische Veranlagungen und Mutationen erstrecken. Diese Situation ist für Landwirte, Züchter und Verbraucher inakzeptabel, da so der Zugang zu genetischer Vielfalt behindert wird, die für weitere Innovationen notwendig ist; die Interessen der Bürger Europas werden komplett missachtet.“
Das Jahr 2018 könnte für die weitere Entwicklung entscheidend werden: Neben der Beschwerde von Syngenta sind auch Einsprüche gegen Patente auf Gerste und Bier anhängig, die für die Brauereikonzerne Carlsberg und Heineken erteilt wurden. Die Firmen haben Patente auf Gerste mit zufälligen Mutationen erhalten. Die Patente umfassen nicht nur die Gerste, sondern auch deren Verwendung zum Brauen und das damit produzierte Bier. Nachdem mehrere Organisationen Einsprüche gegen die Patente eingelegt hatten, bestätigte das Europäische Patentamt bereits, dass es unwahrscheinlich sei, dass derartige Patente auf der Basis der neuen Regeln widerrufen würden.
„Patente auf konventionelle Züchtung werden die Situation von Landwirten, Gemüseanbauern und Züchtern dramatisch verändern. In Zukunft werden Landwirte, Gemüseanbauer oder Züchter, die keine Verträge mit den Patentinhabern unterzeichnen, keinen Zugang zu patentiertem Saatgut haben – weder für den Anbau noch für die Vermehrung oder weitere Züchtung“, warnt Keine Patente auf Saatgut!. „Unabhängig davon, wie die anhängigen Fälle entschieden werden, muss die Politik tätig werden um die großen Konzerne daran zu hindern, die Grundlagen unserer Ernährung noch weiter zu monopolisieren.“
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