EU-Kommission hält Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung für nicht patentierbar

Regierungen müssen neue Regeln rechtlich bindend machen

3. November 2016 / In einer lang erwarteten Stellungnahme erklärt die EU-Kommission, dass sie Pflanzen und Tiere aus „im Wesentlichen biologischen Verfahren“ zur Züchtung für nicht patentierbar hält. Diese Aussage steht in starkem Gegensatz zu der bisherigen Praxis des Europäischen Patentamts (EPA), das bereits über 100 Patente erteilt hat, welche die konventionelle Züchtung betreffen, darunter sogar Patente auf Tomaten und Brokkoli. Die internationale Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“ fordert seit Jahren, dass diese Patente gestoppt werden, und hat zusammen mit Hunderttausenden UnterstützerInnen Petitionen und Einsprüche eingereicht. Die Organisationen sind vor allem wegen der Gefahr einer zunehmenden Monopolisierung von Saatgut und Lebensmitteln besorgt. Sie appellieren jetzt an die Regierungen in Europa, dafür zu sorgen, dass die Stellungnahme der EU-Kommission nun auch in rechtlich bindende Regeln für die Auslegung des Patentgesetzes umgesetzt wird. „Dies ist ein großer Erfolg für die Zivilgesellschaft, die seit vielen Jahren gegen Patente auf Pflanzen und Tiere kämpft. Doch die Stellungnahme der EU-Kommission ist rechtlich noch nicht bindend. Zudem sind weitere Definitionen notwendig, um die Verbote rechtlich wirksam zu machen. Daher ist es jetzt die Aufgabe der europäischen Regierungen, das EPA einer wirksamen politischen Kontrolle zu unterwerfen“, sagt Christoph Then, Koordinator des Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut!“. Nichtregierungsorganisationen haben bereits im Juni 2016 dem Verwaltungsrat des EPA über 800.000 Unterschriften übergeben. Dieses Gremium besteht aus den Repräsentanten der 38 Mitgliedsländer und soll über die korrekte Auslegung der Patentgesetze wachen. Die europäischen Patentgesetze verbieten Patente auf „Pflanzensorten und Tierarten“ sowie auf die „im Wesentlichen biologische“ Züchtung von Pflanzen und Tieren. Doch diese Verbote wurden durch die Praxis des EPA weitgehend wirkungslos gemacht. Die Erklärung der EU-Kommission folgt der Forderung des Europäischen Parlaments und der Position mehrerer europäischer Regierungen. Unter anderem lehnen Deutschland, die Niederlande, Frankreich und Österreich derartige Patente ab. In diesen Ländern wurden sogar schon die nationalen Patentgesetze geändert. „Das EPA hat ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran, diese Patente zu erteilen. Jetzt müssen die entsprechenden Verbote in Kraft gesetzt werden. Dies kann durch politische Entscheidungen auf der Ebene des Verwaltungsrats des EPA durchgesetzt werden. Die Erklärung der EU-Kommission ist ein wichtiger Meilenstein, um diesem Missbrauch des Patentrechts endlich ein Ende zu setzen“, sagt Iga Niznik von Arche Noah aus Österreich, einer der Trägerorganisationen von „Keine Patente auf Saatgut!“. Die Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“ verlangt weitere rechtliche Klarstellungen, um sicherzustellen, dass die Verbote auch wirksam sind: Die Definition von „im Wesentlichen biologischer“ Züchtung müsse alle Methoden und alles biologische Material umfassen, das in der konventionellen Züchtung genutzt wird. Zudem müsse gewährleistet werden, dass die Verbote nicht durch eine gezielte Formulierung der Ansprüche umgangen werden können. So müsse erreicht werden, dass beispielsweise züchterische Merkmale, die aus konventioneller Züchtung stammen, sowie Pflanzensorten tatsächlich außerhalb der Reichweite von Patenten bleiben, die sich auf gentechnische Verfahren beziehen. Kontakte: Christoph Then, Tel: 0049 151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org Iga Niznik, Tel: 0043 6509991305, iga.niznik@arche-noah.at Fabio Leippert, Tel: 0041 31 350 53 52, f.leippert@swissaid.ch Die Erklärung der EU-Kommission: http://ec.europa.eu/DocsRoom/documents/19622 Bericht von „Keine Patente auf Saatgut!“ mit Patent-Beispielen und politischen Forderungen: http://no-patents-on-seeds.org/sites/default/files/news/bericht_patente…