Europäisches Patentamt will eine neue Regel bei Entscheidung über ein Patent der Firma KWS anwenden
30. Oktober 2025 / Nächste Woche, am 6. November, wird das Europäische Patentamt (EPA) in einer öffentlichen Anhörung in einem Präzedenzfall über ein Patent auf konventionell gezüchteten Mais entscheiden. Das Patent (EP3560330) wurde der deutschen Firma KWS im Juni 2022 erteilt. Die internationale Koalition Keine Patent auf Saatgut! legte Einspruch gegen das Patent ein. Es handelt sich um einen Präzedenzfall, da das EPA seine Entscheidung aufgrund einer neuen Regel treffen will. Der Fall ist auch für die aktuelle Diskussion über die künftige EU-Regulierung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik (NGT) wichtig.
Im Hintergrundgespräch wird Keine Patente auf Saatgut! über den Fall und seine rechtlichen und politischen Auswirkungen informieren. Zudem wird die Sprecherin eines traditionellen Maiszüchters über mögliche negative Auswirkungen derartiger Patente berichten. Das Gespräch wird auf Englisch geführt, Nachfragen auf Deutsch sind möglich.
Hintergrundgespräch
Datum: 4. November, 15 – 16 Uhr CET
Beiträge von
- Johanna Eckhardt, Keine Patente auf Saatgut!: Aktuelle Hintergründe
- Christoph Then, Keine Patente auf Saatgut!: Der Einspruch und seine Bedeutung für politische Entscheidungen
- Grietje Raaphorst-Travaille, Firma Nordic Maize Breeding (NL): Die Perspektive traditioneller Züchter*innen
Registrierung für das Hintergrundgespräch (bis 4.Nov. 13h CET):
https://us02web.zoom.us/webinar/register/WN_rtFhB4YPQ9SZNkNZwjOC8A#/registration
Weitere Informationen
KWS beansprucht Mais mit verbesserter Verdaulichkeit, der in der Tierfutterproduktion verwendet werden soll. Die „Erfindung” basiert auf zufällig mutierten Genen und natürlich vorkommenden genetischen Variationen, wie sie in der klassischen Züchtung vorkommen und verwendet werden. Auch die betreffenden Pflanzen, deren Ernte, die Futtermittel und deren Verwendung werden von der KWS beansprucht.
Bei der bevorstehenden Entscheidung wird eine neue Regel des Patentrechts angewendet, die Patente auf Pflanzen aus konventioneller Züchtung eigentlich ausschließen soll: Die Regel 28 (2) des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) verbietet Patente auf Pflanzen, die aus Kreuzung und Selektion stammen. In Reaktion auf den Einspruch schlagen deswegen sowohl das EPA als auch die KWS vor, gewisse Änderungen an den Ansprüchen vorzunehmen.
Doch die vorgeschlagenen Änderungen können das Problem nicht lösen. Im Ergebnis hätte das Patent weiterhin erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit der traditionellen Züchtung. Das Patent könnte die Verwendung von Pflanzen für die Züchtung immer noch erheblich behindern oder gar blockieren. Dies gilt insbesondere für Pflanzen, die natürliche Genvarianten in ihrem Erbgut tragen, wie sie von der KWS beansprucht werden.
Zudem gibt es große rechtliche Unsicherheiten über Reichweite und Inhalt des Patents. Die KWS hat inzwischen ein weiteres Patent (WO2023006933) auf Mais mit den gleichen Merkmalen angemeldet, in dem aber andere Genvarianten beansprucht werden. Dieses zweite Patent wurde angemeldet, weil sich überraschenderweise bei der Zucht der im Patent EP3560330 beanspruchten Pflanzen eine Instabilität in den Zuchtmerkmalen zeigte. Infolgedessen herrscht eine erhebliche Unklarheit hinsichtlich der auf dem Markt befindlichen Pflanzen und darüber, welche Wirkung das hier eingesprochene Patent tatsächlich hat. Die Abklärung dieser Unklarheiten kann für andere Zuchtunternehmen mit hohen Kosten verbunden und sehr zeitaufwändig sein.
Zusammengefasst können derartige Patente erhebliche Kosten und einen großen Bedarf an Ressourcen durch Patentanwälte, Genanalysen und Lizenzierung verursachen. Sie können in großem Umfang die Züchtung behindern oder gar blockieren, obwohl der Gesetzgeber wollte, dass konventionell gezüchtete Pflanzen für andere Züchter*innen ohne Einschränkungen zugänglich sind. Die Entwicklung führt zu einer immer noch größeren Marktkonzentration und neuen Abhängigkeiten, deren Auswirkungen sich auch auf die Umwelt, die Landwirtschaft und die Produktion von Lebensmitteln erstrecken.
Keine Patente auf Saatgut! fordert, dass das Patent vollständig widerrufen wird. Darüber hinaus sind politische Initiativen erforderlich, um zu verhindern, dass solche Patente in Zukunft erteilt werden. Dazu präsentiert Keine Patente auf Saatgut! in einem aktuellen Bericht einen neuen Vorschlag, der auch von Rechtsexpert*innen unterstützt wird.
- Weitere Informationen zum Maispatent und zur Registrierung für die Online-Anhörung am EPA: https://www.no-patents-on-seeds.org/de/mais
- Fotos einer Demonstration gegen das Patent von KWS patent im Dezember 2022: https://www.no-patents-on-seeds.org/de/aktivitaeten/kws
- Der aktuelle Bericht von Keine Patente auf Saatgut!: https://www.no-patents-on-seeds.org/de/bericht-2025
Kontakt
- Christoph Then, Sprecher für Keine Patente auf Saatgut!, info@no-patents-on-seeds.org, +49 151 54638040
- Johanna Eckhardt, Projektkoordination für Keine Patente auf Saatgut!, johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org, +43 680 2126343
- Grietje Raaphorst, Nordic Maize breeding, G.J.RaaphorstTravaille@protonmail.com, +31 6 17 34 59 47
---
Teilen Sie unsere Beiträge zu dieser Aussendung auf Facebook und X. Sie können auch den Link zur Aussendung teilen: https://www.no-patents-on-seeds.org/de/hintergrundgespraech
Foto: Demonstration gegen KWS-Patente im Dezember 2022 (Falk Heller / Argum; Skulpturen: Freia Hellenkamp)