Die Firma Inguran hat viele Patente im Bereich der Tierzucht und ist u.a. in den USA in langwierige Rechtsstreitigkeiten verwickelt, an denen auch der Tierzuchtkonzern Genus und seine Tochter ABS Global beteiligt sind. Nun versucht Inguran, seine Geschäftsaktivitäten zu erweitern und hat ein Patent auf die Verwendung von Embryonen zur Gewinnung von Keimzellen (Eizellen und Spermien) angemeldet (WO2019100018). Die Tierzucht soll so auch ohne erwachsene Tiere möglich und auf diese Weise beschleunigt werden. Dazu heißt es im Patentantrag: “Die Erfindung umfasst die Auswahl eines oder mehrerer Embryonen - und nicht die Auswahl von fortpflanzungsreifen Tieren - als Eltern der nächsten Generation in einem Zuchtprogramm”.
Worin besteht die angebliche ‚Erfindung‘? Kurz gesagt will Inguran die Keimzellen aus Embryonen entnehmen, die zu diesem Zweck getötet werden. Dazu heißt es im Patentantrag: “Ein Aspekt der Erfindung besteht in der Gewinnung von Gameten, sowohl von Eizellen als auch von Spermien, direkt aus in-vitro oder in-vivo Embryonen.” Aufgeführt sind Säugetierarten wie “Schwein, Schaf, Rind, Pferd, Hirsch, Elch, Büffel oder ähnliches (...)”.
Auch Säugetierarten wie Hunde und Katzen, sowie Primaten, einschließlich Schimpansen und Gorillas, und sogar Wale, Delfine und andere Meeressäugetiere werden in der Beschreibung des Patents aufgeführt.
Die ‚Erfindung‘ soll Kosten sparen und die Zucht beschleunigen: „Die Erfindung ermöglicht es einem Züchter, die Notwendigkeit für die Haltung und Pflege von jungen und erwachsenen Tieren stark zu reduzieren oder ganz zu eliminieren”. Inguran schlägt vor, das Verfahren über mehrere Generationen hinweg anzuwenden: „Dieser Prozess wird mehrmals wiederholt, wobei alle gewonnenen Gameten zur Erzeugung einer nachfolgenden Generation von Embryonen verwendet wird.” Zusätzlich wird, als mögliche technische Variante, auch die Erzeugung von Embryonen durch Klonen und die Verwendung von embryonalen Stammzellen genannt.
Die Patentansprüche richten sich sogar auf ein Verfahren zur Erzeugung von ganzen Tierzuchtlinien, also Gruppen von Tieren mit bestimmten Eigenschaften, die für die Zucht besonders wichtig sind. Diese Formulierung des Anspruchs zeigt, dass auch die so gezüchteten Tiere selbst als patentierte Erfindung angesehen werden.
Diese ‚Erfindung‘ wirft erhebliche und tiefgreifende ethische Fragen im Zusammenhang mit dem Tierschutz auf, die von Patentanmeldern offenbar aufgrund der erwarteten Gewinne zurückgestellt werden. Die Erzeugung von Embryonen, die mit Leihmuttertieren durchgeführt wird, nur um die Embryonen anschließend für die Zellentnahme zu zerstören, geht mit erheblichem Tierleid einher und würde die Zucht zu einem Geschäft mit unnötiger Tierquälerei machen.
Das Beispiel zeigt, wie Unternehmen versuchen, technische Aspekte in die konventionelle Züchtung einzuführen, die ihnen geistige Eigentumsrechte ermöglichen. Obwohl das Patent letztlich auf Kreuzung und Selektion (von Embryonen) beruht, könnte es nach dem Beschluss des Verwaltungsrat vom Juni 2017 möglicherweise doch erteilt werden. Dieser Beschluss schließt Patente im Bereich der Tierzucht auch dann nicht aus, wenn kein gentechnischer Eingriff erfolgt. Die Patentanmeldung zeigt in jedem Fall die Notwendigkeit, Patente im Rahmen der Tierzucht strikt auf technische Verfahren zu begrenzen, die kein Tierleid verursachen.
(Textauszug aus unserem Bericht 2020)