Europäisches Patentamt: Skandalpatent auf Tomaten erteilt

Monopol auf Züchtung mit Resistenzgenen von Wildtomaten

29.September 2025 / Das Patent EP3911147 der niederländischen Firma Enza Zaden beansprucht Gene, die eine Resistenz gegen das Tomato Brown Rugose Fruit Virus (ToBRFV) verleihen. Dieses Virus ist eine große Gefahr für die Tomatenzucht. Die beanspruchten Gene wurden in einer wilden Tomatenart (Solanum habrochaites) entdeckt, die ursprünglich aus Peru und Ecuador stammt und als eine der wichtigsten Ressourcen für genetische Vielfalt in der Tomatenzucht gilt. Das Patent wurde im Juli 2025 vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilt.

C Claudia Radig-Willy, Tomaten-Patent​​Die virusresistenten Pflanzen wurden mit Tomaten, wie sie in Europa vermarktet werden (Solanum lycopersicum), gekreuzt und dabei auch die Resistenz übertragen. Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) verbietet Patente auf Verfahren und Produkte, die aus Kreuzung und Selektion stammen. Trotzdem beansprucht dieses Patent jegliche Züchtung mit den Resistenzgenen für die traditionelle Zucht. Werden derartige Patente erteilt, können jegliche natürliche genetische Veranlagungen, die in wilden oder gezüchteten Pflanzen entdeckt werden, in technische Erfindungen umdeklariert und eine freie traditionelle Züchtung unmöglich gemacht werden.

„Von dieser Gefahr einer zunehmenden Monopolisierung sind Genbanken und alte regionale Sorten genauso betroffen wie auf dem Markt befindliche Sorten. Diese können nach natürlicherweise vorkommenden Genen durchsucht werden und deren weitere Verwendung durch das Patent blockiert oder von Lizenzverträgen abhängig gemacht werden“, sagt Dagmar Urban von ARCHE NOAH.

In Europa dürfen nur gentechnisch veränderte Pflanzen patentiert werden. Der Europäische Gesetzgeber hat mehrere gesetzliche Vorschriften erlassen, um zu verhindern, dass konventionelle Pflanzenzucht patentiert wird - so zuletzt die Regel 28 (2) für die Auslegung des EPÜ. Die Patentpraxis des EPA unterläuft aber diese Vorschriften.

„Dieser Fall ist ein alarmierendes Signal dafür, dass das EPA gegen die Absicht des Gesetzgebers verstößt, Patente auf Pflanzen und Pflanzenmaterial, die in der klassischen Züchtung verwendet werden, zu verhindern. Darüber hinaus zeigt das Patent, dass die Aktivitäten der Unternehmen auch Biopiraterie einschließen“, sagt Johanna Eckhardt von Keine Patente auf Saatgut!.

Keine Patente auf Saatgut! empfiehlt vor diesem Hintergrund, dass die EU eine Initiative startet, um die Grenzen der Patentierbarkeit unmissverständlich im Gesetz klarzustellen. Dies könnte auch im Rahmen der aktuellen Verhandlungen um neue Gentechnik (NGT) beschlossen werden.

Keine Patente auf Saatgut! hatte erst jüngst zusammen mit weiteren Organisationen und Zuchtunternehmen einen Einspruch gegen ein anderes Patent auf Tomaten (EP 3629711) eingelegt. Rechtlich ist das neue Patent aber anders einzuschätzen. Das ältere Patent wurde schon angemeldet, bevor die Regel 28 (2) offiziell in Kraft getreten ist. Dagegen ist das Patent von Enza Zaden das erste Patent, das nach Inkrafttreten der Regel 28 (2) angemeldet und erteilt wurde und natürliche Gene für Kreuzung und Selektion beansprucht.

Kontakt

Weitere Informationen

Tomaten-Patenten (ToBRF-Virus): https://www.no-patents-on-seeds.org/de/jordan_virus

Das Patent von Enza Zaden auf der Seite des EPA: https://register.epo.org/application?lng=de&number=EP19880924

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Grafik: Claudia Radig-Willy