„Eine einzige Mutation reicht aus, um einen ganzen Gemüsegarten zu patentieren“

Europäisches Patentamt erteilt weiteres Patent auf Melonen

7. März 2018 

Melon (Pixabay)Das Europäische Patentamt (EPA) führt auch 2018 seine umstrittene Praxis der Patentierung von Saatgut fort: Im Januar erteilte das EPA ein Patent auf Melonen mit einer erhöhten Resistenz gegenüber falschem Mehltau (EP 2455475). Das Patent beruht auf konventioneller Züchtung: Das Erbgut von Pflanzen wurde nach zufälligen Mutationen durchsucht, ohne Einsatz von Gentechnik. Patentinhaber ist die Firma ENZA Zaden aus den Niederlanden. Die Leistung der Firma ist dabei in keiner Weise erfinderisch: Sie hat bereits sechs weitere Patente auf Trauben, Gurken, Soja, Zwiebeln, Tomaten und Kartoffeln erhalten, die alle die gleichen Veränderungen im Erbgut aufweisen. 

„Eine einzige zufällige Mutation reicht aus, um den ganzen Gemüsegarten zu patentieren. Hier geht es offensichtlich nicht um Erfindungen, sondern um Monopolisierung der biologischen Vielfalt, die für die Züchtung der Zukunft benötigt wird“, sagt Christoph Then für „Keine Patente auf Saatgut!“.

Das Melonen-Patent ist ein klarer Beweis dafür, dass das EPA weiterhin Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung erteilt. Im Juni 2017 hatten die 38 Vertragsstaaten des EPA neue Regeln betreffend die Patentierung von Saatgut beschlossen, nach denen eigentlich nur gentechnische Veränderungen patentiert werden sollten. „Keine Patente auf Saatgut!“ hatte bereits damals gewarnt, dass die neuen Regeln nicht weit genug gehen, um den Ausverkauf der biologischen Vielfalt zu stoppen. Nach dem Wortlaut der neuen Regeln sind Pflanzen und Tiere, bei denen genetische Veranlagungen und zufällige Mutationen identifiziert werden, die für die Züchtung wichtig sind, weiterhin patentierbar.

Die Firma ENZA betreibt den Missbrauch des Patentrechts besonders systematisch, indem sie die Verwendung ihres patentierten Saatguts in ihren Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen auf nur eine Anbausaison einschränkt. Jeglicher Tausch, jegliche Wiederverwendung, Forschung oder weitere Züchtung ist verboten. Wer Saatgut von ENZA erwirbt, hat diese Bedingungen zu unterschreiben und ist damit automatisch in deren Patente-Falle gefangen.

„Keine Patente auf Saatgut!“ hat bereits Einsprüche gegen Patente auf Gerste und Bier eingelegt, die für die Brauereikonzerne Carlsberg und Heineken erteilt wurden. Die Firmen haben Patente auf Gerste mit zufälligen Mutationen erhalten. Die Patente umfassen nicht nur die Gerste, sondern auch deren Verwendung zum Brauen und das damit produzierte Bier. Das EPA hat für Oktober 2018 zwei Termine zur Verhandlung dieser Einsprüche angesetzt. Laut vorläufiger Einschätzung des Amtes erwägen die Prüfer, die Patente aus technischen Gründen zu widerrufen. Wirklich ändern will das EPA seine Praxis aber offensichtlich nicht. 

Kontakte: 

Christoph Then, No patents on Seeds!, + 49 151 54 63 80 40, info@no-patents-on-seeds.org
Johanna Eckhardt, No patents on Seeds!, + 43 680 2126 343, johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org


Weitere Informationen: 

Das neue Patent von ENZA

Allgemeine Verkaufs- und Lieferbedingungen von ENZA (aktualisierte Version 2018)

Der aktuelle Bericht über Patente auf Saatgut

Downloads